Junger Syrer findet Anschluss – beruflich und privat

Dirk Fenzl ist kein Mann, dem man leicht etwas ausschlägt. Mit seinem hellen Lachen und seiner freundlichen aber bestimmten Art zerstreut der Fachmann für medizinische Fußpflege rasch die Bedenken seiner Ronneburger Mitbürger. So etwa bei der Frage, ob bei einer Behandlung sein syrischer Schützling zugegen sein darf. Abdul Hoot startete im November 2016 ein Praktikum in dem Traditionsbetrieb für Podologie – der Begriff leitet sich aus dem Altgriechischen ab und bezeichnet die Lehre vom Fuß.Seitdem packt der schüchterne junge Mann – der auf den ersten Blick das komplette Gegenteil seines resoluten Chefs ist – tatkräftig mit an. Ursprünglich stammt Hoot aus Aleppo. Seine zerstörte Heimatstadt ist inzwischen weltweit zum Sinnbild für den grausamen Bürgerkrieg in Syrien geworden. Drei Jahre harrte der gelernte Schneider, der das jüngste von acht Geschwistern ist, dort aus. Dann suchte er sein Heil in der Flucht. Gemeinsam mit einem Freund rettete er sich über die Türkei in den Main-Kinzig-Kreis. Seitdem arbeitet er mit Fleiß und Beharrlichkeit daran, sich hier eine Zukunft aufzubauen. Damit das gelingt, unterstützt ihn neben seiner ehrenamtlichen Integrationslotsin auch Erika Kollmann vom Jobcenter des Kommunalen Centers für Arbeit (KCA). Sie ebnete im Zusammenspiel mit dem Arbeitgeber alle formalen Hürden und kümmerte sich um einen Platz in einem berufsbegleitenden Intensiv-Deutsch-Kurs.

Mit medizinischer Fußpflege oder Podologie hatte Abdul Hoot zwar davor noch nie Berührungspunkte. Dieses Berufsfeld existiert in seiner Heimat nicht. Der 29jährige zeigte aber ein so ausgeprägtes Talent für diese Tätigkeit, dass ihm sein Chef in kürzester Zeit immer anspruchsvollere Aufgaben anvertraute. „Der Abdul ist wirklich ein Naturtalent“ staunt Dirk Fenzl. Sein Mitarbeiter sei nicht nur extrem geschickt und einfühlsam er denke auch immer mit und agiere selbstständig. „Das habe ich noch bei keinem meiner Auszubildenden in der Form erlebt!“ Ein Grund für Hoots Fingerfertigkeit: Seit Jahren rasiert er sich mit einem Rasiermesser, da fällt der Umgang mit Skalpell und Hornhautschaber leicht. Trotzdem – etwas skeptisch waren einige der alteingesessenen Kunden und Patienten anfangs schon. Diese Skepsis war dann aber der Überzeugungskraft von Dirk Fenzl, der seine Fachpraxis bereits seit 33 Jahren betreibt, nicht gewachsen. „Vorurteile und Berührungsängste bauen wir ganz direkt und praktisch ab“, so der staatlich geprüfte Podologe. Als Eisbrecher erweise sich dabei die Ronneburger Mundart. Eines der ersten Worte, die der junge Syrer im Dialekt gelernt hat: „Feuss“, statt „Füße“. Seine Integration beschränkt sich nicht auf den Arbeitsplatz. Er verbringt seine Freizeit mit den Söhnen des Firmenchefs, von denen einer auch im Betrieb arbeitet, kickt im örtlichen Fußballverein und er nahm auch an der Weihnachtsfeier des Spielmannszuges teil, in dem die gesamte Familie Fenzl aktiv ist. Das nächste große Ziel ist klar im Visier: Wenn seine Deutschkenntnisse gut genug sind, will Hoot die siebenmonatige Ausbildung zum „Assistenten des Podologen“ absolvieren – Ehrensache, dass ihn sein Chef dabei unterstützt.

„Es gibt glücklicherweise viele engagierte Unternehmer, Ehrenamtliche und auch politisch Verantwortliche, wenn es um die berufliche Integration von Flüchtlingen geht“, hebt Michael Krumbe, Vorstand des KCA-Jobcenters, hervor. „Aber was Wirtschaft, Ehrenamt und Politik in Ronneburg unter der Federführung von Bürgermeister Andreas Hofmann auf die Beine stellen ist wirklich vorbildlich“, zeigt sich der Arbeitsmarktexperte beeindruckt.
Unternehmen, die ebenfalls daran interessiert sind, Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz oder eine andere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen, können sich jederzeit gerne an Erika Kollmann wenden (erika.kollmann@kca-mkk.de| 06051-9741-41910 | 0171-9791897).