Kompetenzfeststellung für Flüchtlinge durch das KCA-Jobcenter und die Gesellschaft für Wirtschaftskunde

Altenpflege, Lager-Logistik, Metall-Verarbeitung – oder doch eher eine Laufbahn als Koch? Keine leichte Aufgabe, sich auf unserem Arbeitsmarkt einen Überblick zu verschaffen und für sich persönlich den richtigen Weg zu finden. Gut, wenn man die Chance hat, sich unter fachkundiger Anleitung in unterschiedlichen Branchen und Gewerken auszuprobieren. Das gilt für Schüler, aber auch für Menschen mit Fluchthintergrund, die zum großen Teil mit unserem Berufswesen sowie unserem Wirtschaftssystem nicht vertraut sind und die aus ihren Herkunftsländern oft völlig andere Rahmenbedingungen kennen.

Die Gesellschaft für Wirtschaftskunde (GfW) in Hanau ist Spezialist für berufspraktische Erprobungen und arbeitet eng mit dem Jobcenter des Kommunalen Centers für Arbeit (KCA) des Main-Kinzig-Kreises zusammen. Dessen Aufgabe ist es, Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) in Arbeit zu integrieren. Für die Personengruppe der Flüchtlinge hat sich eine engmaschige Betreuung bewährt. „Wir holen die Menschen ab dem ersten Tag im Leistungsbezug ab. Flüchtlinge durchlaufen bei uns in einem stringenten Prozess Kurse und Maßnahmen, um die deutsche Sprache zu lernen, sich in unserer Gesellschaft und Kultur sowie auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu orientieren. Nach der Phase des Ankommens geht es darum, die individuellen Kompetenzen jedes Einzelnen festzustellen“, erklärt Michael Krumbe, Vorstand des KCA-Jobcenters. Im ersten Schritt prüft die kreiseigene Gesellschaft für Arbeit, Qualifizierung und Ausbildung (AQA) im Rahmen einer Basiseignungsfeststellung, was die Klientinnen und Klienten mit Fluchthintergrund mitbringen. Neben motorischen Fähigkeiten, räumlichem Denkvermögen und handwerklichem Geschick stehen Soft-Skills wie Teamfähigkeit auf dem Prüfstand. Hier entscheidet sich, wie der Weg der Kompetenzfeststellung weitergeht.

 Nach der Basiseignungsfeststellung der AQA übernimmt die GfW: „Wer bereits belegbare Vorkenntnisse mitbringt und aus seiner Heimat anerkannte Zeugnisse vorlegt, der absolviert bei uns den Kompetenz-Pass“, erklärt GfW-Teamleiterin Daniela Grund. Über drei Tage testet ein Profiler der GfW gründlich die Fertigkeiten und Kenntnisse der Teilnehmer. Je nach Berufsbild kooperieren sie dazu mit Partner-Unternehmen, um die Praxis-Situation so realistisch wie möglich zu simulieren. „Für diejenigen, die zwar gute Ansätze zeigen, aber noch nicht ganz so weit sind, bzw. denen einschlägige Vorerfahrungen fehlen, sehen wir den Talente-Kompass vor“, führt Grund fort. Ebenfalls über die Dauer von drei Tagen ergründet die GfW beim Talente-Kompass mit welchen Berufsfeldern die Stärken und Interessen der Teilnehmer korrelieren.

 Dabei profitiert man von den vielfältigen Möglichkeiten an der Martin-Luther-King-Straße in Hanau: Neben einer Metall-Werkstatt, wartet die GfW unter anderem mit einem Pflege-Simulations-Zimmer, einem Friseursalon sowie einem kleinen Kommissionierungs-Lager auf. Susanne Simmler, Erste Kreisbeigeordnete und KCA-Verwaltungsratsvorsitzende, machte sich am 10. Oktober 2018 vor Ort ein persönliches Bild. „Es ist wichtig, dass wir die Balance hinbekommen. Zum einen geht es um die Wünsche und Vorstellungen der Menschen. Zum anderen müssen wir natürlich auf den Bedarf des Arbeitsmarktes schauen und realistisch einschätzen, in welchen Branchen gute Aussichten bestehen“, erklärt die Vize-Landrätin. Gemeinsam mit Matthias Machel, dem Geschäftsführer des Gesamtverbandes Arbeitgeber Osthessen, sowie Herbert Reus, stellvertretender Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Osthessen, suchte sie den Austausch mit Fachleuten der GfW und des KCA-Jobcenters. Alle Beteiligten waren sich einig – nur wenn es gelingt den Prozess der Berufswahl mit den Anforderungen und Bedürfnissen der Wirtschaft harmonisch in Einklang zu bringen, wird die Integration in Arbeit ein Erfolg.

 „Wir sehen, dass gerade Arbeitsuchende mit Fluchthintergrund häufig sehr engagiert sind und sich schnell mit den Realitäten und Bedingungen hier vor Ort arrangieren“, so Simmler. Davon konnte sich die Sozial-Dezernentin beim anschließenden Rundgang über das GfW-Areal unmittelbar überzeugen. So kam sie ins Gespräch mit einem 41-jährigen Syrer, den sie ermutigte, an seinem Plan, noch eine Ausbildung zu absolvieren, fest zu halten und ihm dabei die Unterstützung des Jobcenters zusicherte. Im Ergebnis zeigten sich alle Akteure sehr zufrieden. „Bislang konnten wir weit über 400 Flüchtlinge durch Talente-Kompass und Kompetenz-Pass lotsen. Wir lernen in diesem Prozess ständig dazu, aber wir sind absolut auf dem richtigen Weg“, resümiert Grund und Krumbe ergänzt: „Die Kooperation zwischen unseren Häusern und natürlich unserem Partner AQA bewährt sich fortwährend. Wir werden den ständigen Kontakt hier vor Ort in Hanau noch weiter intensivieren, um gemeinsam das Beste für die Betroffenen zu erreichen.“