Hessische Optionskommunen verlangen praxistaugliche Regeln, verlässliche Mittel und klare gesetzliche Linien
Wiesbaden, Dezember 2025 – Zum 1. Juli 2026 will der Bund das Bürgergeld in „Grundsicherungsgeld“ umbenennen und die Struktur der Leistung neu ordnen. Die hessischen Optionskommunen blicken auf diese Reform mit großer fachlicher Aufmerksamkeit – und mit einem klaren Anliegen: Die Jobcenter brauchen stabile Rahmenbedingungen, praxistaugliche Instrumente und eine klare gesetzliche Linie, um die Integration in Arbeit auch in Zukunft verlässlich zu gestalten.
Mehr als zwanzig Jahre Erfahrung zeigen deutlich: Arbeitsmarktintegration entsteht nicht durch neue Bezeichnungen, sondern durch klare Regeln, ausreichend Mittel und eine verlässliche Zusammenarbeit zwischen Menschen, Betrieben und Beratungsteams. Die Optionskommunen unterstützen die Zielrichtung einer Reform, die Mitwirkung stärkt, Verfahren strafft und Integration verbindlicher gestaltet. Gleichzeitig betonen sie, dass die Praxis im Fokus bleiben muss, wenn die Reform wirken soll.
Die Reform greift an vielen Stellen tief in das SGB II ein. Sie stärkt den Vorrang der Vermittlung und stellt die Erwartung in den Mittelpunkt, dass Integration künftig verlässlicher gelingt – möglichst in bedarfsdeckender Beschäftigung und, wo möglich, in Vollzeit. Die hessischen Optionskommunen erleben diese Erwartung täglich im Kontakt mit Menschen, die einen Neustart in Arbeit anstreben. Sie wissen, dass klare Zielsetzungen hilfreich sind, allerdings nur dann, wenn zeitnah passende Qualifizierungen und Arbeitsangebote zur Verfügung stehen und Beratungsteams genug Kapazität besitzen, um diese Wege individuell zu begleiten.
Mit der Reform setzt der Gesetzgeber außerdem ein deutliches Signal für eine frühzeitigere Integration von Erziehenden. Gerade in Hessen zeigt die Praxis, dass viele Alleinerziehende eine große Motivation mitbringen – jedoch Betreuungslücken, fehlende Teilzeitangebote oder eingeschränkte Mobilität häufig Hürden darstellen. Die Optionskommunen begrüßen deshalb den politischen Anspruch, sehen aber zugleich den Bedarf an verlässlicher Kinderbetreuung, an regionalen Arbeitsmarktangeboten und an ausreichend Personal in den Jobcentern, um diese Familien gezielt zu stabilisieren und Schritt für Schritt in den Arbeitsmarkt zurückzuführen.
Ein zentraler Punkt der Reform betrifft die Eingliederung von langzeitarbeitslosen Menschen. § 16e SGB II erhält eine Anpassung, die wirksamer greifen soll. Die hessischen Optionskommunen verfügen über besonders viele Jahre Erfahrung in diesem Bereich und wissen, wie stark geförderte Beschäftigung wirken kann, wenn sie langfristig angelegt ist. Sie fordern deshalb klare Förderketten und Budgets, die nicht mitten im Jahr versiegen. Gerade hier entscheidet Kontinuität über Erfolg.
Parallel verschärft der Gesetzgeber die Erwartungen an die Mitwirkung. Ein Erstgespräch soll künftig verbindlicher erfolgen, und die Zusammenarbeit im Kooperationsplan soll stärker greifen. Die Optionskommunen verstehen diesen Ansatz sehr gut: Verbindlichkeit schafft Orientierung. Gleichzeitig erleben sie täglich, dass Beratung nur dann erfolgreich verläuft, wenn die Teams genügend Zeit haben, um Vertrauen aufzubauen, Motivationshemmnisse zu bearbeiten und realistische Integrationsschritte zu planen. Hohe Fallzahlen und knappe Ressourcen erschweren diese persönliche Arbeit erheblich.
Zu den tiefsten Eingriffen zählt die Neuausrichtung der Sanktionsregelungen. Der Gesetzgeber beendet die bisherige Staffelung der Minderungsstufen und plant ein klares zweistufiges Verfahren bei Terminversäumnissen – mit der Möglichkeit, die Leistung vollständig einzustellen, wenn Menschen dauerhaft Termine verweigern. Auch bei Arbeitsverweigerung greift die Reform strenger durch. Die Optionskommunen unterstützen das Prinzip der klaren Regeln, achten jedoch darauf, dass diese Regeln verlässlich, verständlich und administrativ umsetzbar bleiben. Erfahrungen aus zwanzig Jahren zeigen, dass Sanktionen nur dann wirken, wenn zugleich Unterstützung, Orientierung und realistische Angebote bereitstehen.
Auch im Bereich der Leistungen verändert die Reform zentrale Grundlagen. Der Gesetzgeber schafft die bisherige Karenzzeit beim Vermögen ab und koppelt das Schonvermögen stärker an das Lebensalter. Die Optionskommunen erkennen die Intention, zielgerichteter zu arbeiten, und sehen gleichzeitig den erhöhten Prüfaufwand, der mit diesen neuen Vorgaben entsteht. Sie fordern deshalb technische und personelle Ressourcen, um diese intensiveren Prüfprozesse zu bewältigen, ohne lange Bearbeitungszeiten zu erzeugen.
Gleichzeitig plant die Reform eine Deckelung der Wohnkosten in der einjährigen Karenzzeit sowie Kostensenkungsaufforderungen, wenn Kaltmieten deutlich über der örtlichen Mietpreisbremse liegen. Diese Regelung trifft die Praxis der kommunalen Jobcenter unmittelbar. Viele Kommunen in Hessen kämpfen seit Jahren mit angespannten Wohnungsmärkten, auf denen bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Die Optionskommunen sehen eine klare Notwendigkeit, kommunale Mietstrukturen stärker einzubeziehen und Lösungen zu entwickeln, die Menschen nicht in zusätzliche Wohnungsnot treiben.
Eine weitere Reformlinie richtet den Fokus auf Missbrauchsbekämpfung. Der Gesetzgeber schafft strengere Regeln gegen Sozialleistungsbetrug und führt eine Arbeitgeberhaftung bei Schwarzarbeit ein. Die hessischen Optionskommunen teilen das Ziel, missbräuchliche Strukturen einzudämmen, und betonen zugleich, dass sorgfältige Aufklärung und solide Verwaltungsstrukturen erforderlich sind, damit diese Instrumente verlässlich greifen.
Positiv bewerten die kommunalen Jobcenter die geplante Verankerung des Passiv-Aktiv-Transfers, der erfolgreiche Förderketten ermöglicht und langzeitarbeitslosen Menschen realistische Chancen eröffnet. Auch die zusätzliche Unterstützung von Jugendlichen besitzt aus ihrer Sicht eine hohe Bedeutung; sie gilt als Investition in eine stabile soziale Zukunft.
Trotz vieler sinnvoller Impulse bleibt für die hessischen Optionskommunen eine zentrale Botschaft bestehen: Eine gute Reform braucht verlässliche Umsetzung. Die Jobcenter benötigen planbare Budgets, stabile gesetzliche Grundlagen und ausreichend Personal, um Menschen wirksam zu begleiten. Jede kurzfristige Änderung erhöht den Druck und verzögert den Weg in Arbeit – für die Betroffenen ebenso wie für die Teams.
Die Optionskommunen betrachten ihre Aufgabe nicht nur als arbeitsmarktpolitische Funktion, sondern als Beitrag zur Stabilität in den Kommunen. Sie stärken Familien, entschärfen Konflikte und sichern soziale Teilhabe. Dieser Beitrag bleibt unsichtbar, aber unverzichtbar – und er verdient verlässliche Rahmenbedingungen.
Mit Blick auf 2026 bekräftigen die hessischen Optionskommunen ihren Anspruch: Wir gestalten Integration vor Ort – stark, sozial und verlässlich. Dafür brauchen wir Stabilität, Klarheit und Instrumente, die auch in der Realität funktionieren.